22.10.2015

Muss man perfekt sein?

Ich bin nicht perfekt - ich bin sogar weit entfernt davon! Aber vor allem: ich will gar nicht mehr perfekt und makellos sein.

Es gab in meinem Leben eine Zeit, da wollte ich perfekt sein, alles perfekt organisieren und auch immer perfekte Arbeit abliefern. Das zu Hause musste immer mehr als vorzeigbar sein - schon fast steril. Ich selbst musste immer zu 150% funktionieren. Ich hatte Angst, die Kontrolle zu verlieren, über mich und mein Leben, wenn nicht ALLES absolut perfekt war. Das Ergebnis: ich wurde immer unglücklicher und unzufriedener. Nichts gefiel mir mehr, alles wurde infrage gestellt, es gab keine Freude mehr in meinem Leben. Ich war zickig, unleidlich und eine Zumutung für meine Mitmenschen, mein Leben lief aus dem Ruder. Und noch schlimmer: ich wurde richtig krank. Burnout, Hörsturz. Depressionen.

Das ist jetzt schon über 10 Jahre her und seit dem hat sich eine Menge geändert. Gott sei Dank! Ich habe mich geändert, kann auch mal Fünfe gerade sein lassen. Muss nicht sofort jede Tasse abwaschen, nur weil das Herumstehen die Optik der Küche stört. Auch der Staubsauger bleibt mal 1-2 Tage länger in der Ecke und ich gönne mir den "Luxus", auch mal nichts zu tun. Ich versuche nicht ständig irgendwelchen Idealen hinterher zu laufen, sondern akzeptiere mich als Person, wie ich bin. Ein paar Pfunde zu viel, aus Fältchen werden langsam Falten, nach 5 Jahren immer noch Single, aber nicht einsam! Eine im Verhältnis zu früher bescheidene kleine Wohnung und kein Auto, sondern Tram- und U-Bahn-Fahrerin. Nicht mehr mit teuren Schmuck behängt und kein mega gut bezahlter Job, sondern ein kleines, aber durchaus ausreichendes Einkommen. Innere Ruhe und Ausgeglichenheit und wesentlich toleranter, als früher. Eines habe ich allerdings behalten: die Krankheit an sich, die zwar stillsteht mit Hilfe von Medikamenten, aber tief in mir drin steckt. Ich weiß es aber heute, dass ich nicht verrückt werde, nur weil ich mal wieder einige traurige Phasen habe, wo ich denke, ich mag nicht mehr. Sondern habe gelernt, damit umzugehen und es zu akzeptieren als das, was es ist. Krankheit. Sie macht mich nicht schlechter als andere Menschen. Zumal ich offen damit umgehe. Alle meine Menschen um mich herum wissen über die Diagnose und können so viel besser damit umgehen, wenn ich mal wieder einen Termin absage, weil es mir nicht so gut geht. Sie sind nicht enttäuscht und gekränkt deswegen, da sie es verstehen. Das ist auch für mich wichtig, denn ich muss kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn ich die mir gestellten Aufgaben nicht so umsetzen kann oder konnte, wie ich es gewünscht hätte. So durchbreche ich den Kreislauf und schaffe es immer öfter, mich aus den schlechten Phasen schnell wieder heraus zu manövrieren.

Ihr seht also: ich bin wirklich alles andere als perfekt! Warum ich das hier schreibe? Weil ich eben ich bin, ehrlich und offen. Und Jedem Mut machen möchte so zu sein, wie er ist. Sich selbst anzunehmen mit all den Schwächen und Stärken, Fehlern und Macken und zu sehen: man kann trotzdem etwas erreichen. Auch mit kleinen Schritten. In diesem Sinne wünsche ich euch einen zauberhaften Tag!
Herzliebst eure Boerlinerin!

1 Kommentar:

  1. wow finde ich super. Das feut mich das es dir gut geht und du mit deinem "neuen Leben" zufrieden bist. Auch wenn es mich nicht betrifft und doch sprichst du mir aus dem Herzen. Wünsche dir weiterhin eine glückliche Zeit Susanna

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